Mountainbike Sprache verbindet
- Monika Heeb
- 26. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Juni

Mountainbiken ist mehr als nur ein Sport – es ist ein Lebensgefühl, das sich auch in einer ganz eigenen Sprache ausdrückt. Wer neu in der Szene ist, begegnet schnell Begriffen wie loam, gnarly oder sketchy. Was auf den ersten Blick wie Kauderwelsch wirkt, ist in Wahrheit Ausdruck einer lebendigen Trailkultur. Der Slang beschreibt nicht nur, wo man fährt, sondern vor allem, wie es sich anfühlt. Ob man mit einem breiten Grinsen durch einen flowigen Anlieger fährt oder sich mit klopfendem Herzen an einen Double wagt, für fast jede Situation gibt’s den passenden Begriff.
Gerade in unserer Rolle als Planerin und Beraterin für MTB-Infrastruktur ist es hilfreich, diese Sprache zu verstehen und einzuordnen. Denn oft geht es darum, Bedürfnisse sichtbar zu machen und sie so zu formulieren, dass auch Behörden, Grundeigentümer:innen oder andere Interessengruppen nachvollziehen können, was auf den Trails passiert und warum bestimmte Elemente gewünscht oder notwendig sind.
Sprache, die rollt: Was MTB-Slang über die Community verrät
Der MTB-Slang ist bildhaft, emotional und herrlich direkt. Wie erklärt man jemandem das Gefühl, wenn man mit Schwung durch eine perfekt geshapte Anliegerkurve gleitet? Mit flowy as hell ist alles gesagt. Begriffe wie sketchy beschreiben dabei nicht nur technisch anspruchsvolle Passagen, sondern auch das damit verbundene Bauchgefühl, das berühmte „gerade noch so gehalten“. Wenn ein Trail als loose gilt, ist damit meistens der rutschige Untergrund oder der Fahrstil am Rande der Kontrolle gemeint. Wer richtig Gas gibt, den Trail mit maximalem Einsatz fährt, der shreddet. Wenn dabei das Hinterrad seitlich ausbricht, nennt man das driften. Und wenn jemand ruft send it, heisst das so viel wie: Nicht lange überlegen, einfach drüber!
Geshapter Anlieger © Kanton St.Gallen/Chris Gollhofer / Verblockter Trail © BikerNetzwerk/Cait Elliot
Nicht immer steht Action im Vordergrund: Wer erschöpft ist oder steile Anstiege vor sich hat, schaltet ins Granny Gear, den leichtesten Gang. In welligem Gelände lässt sich hingegen mit gezielten Körperbewegungen beschleunigen, durch sogenanntes Pumpen, ganz ohne zu treten. Läuft mal etwas schief, geht’s OTB – Over the Bars, also über den Lenker. Wer hingegen völlig entkräftet aufgeben muss, hat den Bonk erwischt, ein plötzlicher Leistungseinbruch, der nach Schatten, Wasser oder einer ordentlichen Verpflegung verlangt.
Von „Loam“ bis „Drop“: Die wichtigsten Begriffe im Gelände
Viele MTB-Begriffe helfen, Wege, Hindernisse und Fahrstile schnell und präzise zu beschreiben, oft mit nur einem Wort:
Loam: Der heilige Gral unter den Untergründen - lockerer Waldboden, der Grip und Glücksgefühle gleichermassen bietet.
Gnarly: Eine wilde Mischung aus gefährlich und technisch.
Drop: Ein Absprung, bei dem das Vorderrad nicht mehr den Boden sieht - Adrenalin pur.
Double / Gap: Zwei Hügel mit Lücke dazwischen. Wer’s nicht schafft, lernt den Begriff case kennen.
Dass sich viele Begriffe mit der Sprache aus dem Snowboard- oder Skateboard-Umfeld überschneiden, ist kein Zufall. Diese Szenen teilen ähnliche Werte: locker, gemeinschaftlich und auch kreativ. MTB-Slang ist also mehr als nur cooles Gerede: Er schafft Identität und erleichtert die Verständigung.
Loam & Drop © BikerNetzwerk/Cait Elliot
Wege, Strecken, Trails: Wie wir über Infrastruktur sprechen
Interessant ist auch, wie viele Begriffe es für das gibt, worauf wir unterwegs sind. Hier ein kleiner Auszug aus der langen Liste:
Singletrail: Schmale, meist naturbelassene Pfade, geprägt durch Elemente wie Wurzeln, Steine oder enge Kurven. In der Regel werden diese Wege im Sinne der Koexistenz mit anderen Nutzergruppen geteilt.
Flowtrail: Künstlich angelegte Strecke mit flüssiger Linienführung, rhythmischen Elementen wie Wellen, Anliegerkurven und kleinen Sprüngen. Hier „fliesst“ man förmlich den Berg hinunter.
Piste: Der Begriff erinnert ans Skigebiet und tatsächlich wird im MTB-Bereich, vor allem in Bikeparks, ähnlich kategorisiert: Blau steht für einfach, rot für mittel, schwarz für schwierig. Die farbliche Einteilung hilft, den Schwierigkeitsgrad der Strecke schnell einzuordnen und die Anforderungen einzuschätzen.
Singletrail - Flowtrail - Piste (Beispiel rot) © Kanton St.Gallen/Chris Gollhofer
Die MTB-Sprache verbindet Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und bringt auf den Punkt, was sich mit normalen Worten nur schwer beschreiben lässt. Die Vielfalt an Begriffen zeigt: Sprache formt Erwartung. Und das ist genau der Punkt: Die Sprache, welche rund ums Mountainbiken entstanden ist, hilft nicht nur bei der Orientierung, sondern auch bei der Kommunikation zwischen Trailbau, Tourismus und Nutzenden. Wer Flowtrail hört, stellt sich etwas anderes vor als bei verblockt. Deshalb ist die MTB-Sprache auch ein Tool in der Vermarktung der Trails. Sie hilft, das richtige Bild im Kopf der Besuchenden zu erzeugen und ist wichtig für eine zielgruppengerechte Ansprache.
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